Drei grundlegende Schnittarten

 

Eine generell verbindliche Systematik des Filmschnitts bzw. der Filmmontage findet sich in der Fachliteratur nicht. Die verschiedenen Autoren beschreiben jedoch zahlreiche Grundprinzipien des Filmschnitts und eine Fülle denkbarer Montagemuster. Hinsichtlich seiner eigenen Produktionen sollte sich der ambitionierte Filmamateur auf jeden Fall mit den nachfolgend beschriebenen grundlegenden Schnittarten auskennen:

 

"Normaler" Schnitt, auch "erzählender" oder "narrativer" Schnitt

Dieser Schnitt folgt in Bezug auf Einstellungen, Sequenzen, Übergänge etc. der üblichen Logik von "Satzbau" und "Grammatik" der klassischen Filmgestaltung. Vor allem Dokumentationen und Reportagen sind nach diesem Muster geschnitten (siehe dazu auch: "Empfehlungen für den 'normalen' Schnitt").

 

Parallelschnitt

Getrennte Ereignisse bzw. Handlungsfolgen, die in der Realität zeitgleich, aber meist an verschiedenen Orten ablaufen bzw. aufeinander zulaufen, werden quasi "parallel" montiert, indem mehrfach zwischen Bildfolgen aus den jeweiligen Handlungssträngen hin- und hergewechselt wird. Beispiel: Einbrecher knacken einen Tresor, im Wechsel dazu geschnitten: die herannahende Polizei. Der Parallelschnitt eignet sich hervorragend zum Aufbau von Spannung.

 

Assoziativer Schnitt:

Jede Schnittform löst beim Filmerleben im Kopf des Zuschauers individuelle Assoziationen aus. Beim assoziativen Schnitt aber legt es der Autor geradezu darauf an, dass bei dem Zuschauer durch eine bestimmte Schnittweise ganz spezielle Assoziationen provoziert werden. Durch das Schnittmuster sollen gezielt neue und zusätzliche Vorstellungsbilder entstehen, die über die konkreten Bildinhalte hinausgehen. Beispiel: Statt durch den Schnitt den Ablauf eines Geschehens abzubilden, erfolgen beim assoziativen Schnitt die Verknüpfungen zwischen den Einstellungen einer Bildfolge über Farben, Bildinhalte, Kamerabewegungen, Bewegungen im Bild o.ä. Auf diese Weise wird vielleicht ein Traum oder ein Rauschzustand visualisiert.

Beim assoziativen Schnitt sind die sonst üblichen Regeln der Filmmontage außer Kraft gesetzt, d.h. die traditionellen Vorgaben bezüglich "Wortwahl", "Satzbau" und "Grammatik" der Filmgestaltung gelten nicht. Man kann es am ehesten mit dem Träumen vergleichen. Die Entstehung und Entwicklung von Träumen vollzieht sich bei uns ebenfalls jenseits einer Kontrolle durch unseren Verstand. Traumgeschichten gehorchen nicht der menschlichen Logik. Beispiel: In Fantasie- oder Experimentalfilmen werden ganz gezielt ungewohnte Einstellungsfolgen, rätselhafte oder symbolische Bildinhalte sowie überraschende und/oder widersprüchliche Einstellungen genutzt, um im Kopf des Zuschauers bestimmte gedankliche Vorstellungen, Fantasien und/oder emotionale Reaktionen zu provozieren. Der assoziative Schnitt wird gerne auch in Musikvideos verwendet.

Eine typische Form des assoziativen Schnitts ist der sogenannte Wirbelschnitt (Abfolge von ganz kurzen Einstellungen, nicht selten unter einer Sekunde), der meist als Bild-, Farb- oder Bewegungscollage gestaltet ist. Von einer "konstruierten Montage" spricht man, wenn Einstellungen und/oder Bildinhalte, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben, absichtlich zusammengefügt bzw. gegeneinander geschnitten (also "konstruiert") werden. Beispiel: Bilder vom Abendmahl und dazu geschnitten Bilder von Brotverwertung beim Viehfüttern auf dem Bauernhof. Oder: Kamelrennen, Großaufnahme eines kauenden Kamels und direkt anschließend geschnitten der Kopf eines Kaugummi kauenden Zuschauers... Die konstruierte Montage kann unterschiedliche Absichten verfolgen: z.B. Betroffenheit erzeugen, provozieren, Schmunzeln oder Lachen auslösen.